signalraum – pult 3

 
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Projektbeschreibung zu MATCHPOINT

Stephanie Müller / Klaus Erich Dietl


»Das Ohr ist ein Organ der Angst«, schrieb der Philosoph Ludwig Feuerbach, »hätte der Mensch nur Augen, Hände, Geschmacks- und Geruchssinn, dann hätte er keine Religion, denn jene Sinnesorgane sind Organe der Kritik und des Skeptizismus.« Das Organ der Angst, das natürlich auch das Organ der Freude ist, ist ein direkteres, ungeschützteres Einfallstor menschlicher Wahrnehmung als das Auge. Jeder Mensch kennt das eine, besondere Geräusch, dass einem die Haar aufstellt und eine Gänsehaut über den Körper jagt. Fragen an Freunde und Bekannte haben ergeben, dass es sich nur um eine handvoll akustischer Auslöser handelt, Hantieren mit Styropor, das Quietschen von Besteck auf Tellern, Kreide auf Tafeln oder die Berührung von Zähnen auf trockenen Textilien wie Servietten oder Taschentüchern. Meist reicht bereits der Gedanke an den entsprechenden Auslöser, um das Gefühl von Ekel und existenziellem Unwohlsein zu triggern, um eine Sequenz an inneren Bildern anzustoßen. Auslöser gibt es nur rund ein halbes Dutzend. Es handelt sich um eine kollektive Erfahrung, die einen jedoch auf sich selbst zurückwirft. Darüber wird nicht offen gesprochen und selbst die psychologische Forschung hat sich bislang auch kaum dieser kleinen Traumata angenommen. In einer künstlerischen Forschungsstation soll dem auf den Grund gegangen werden: Zunächst wird aus einem akustischen Speicher das entsprechende Geräusch gewählt und via Kopfhörer eingespielt. Während der Klient nichts anderes hört als sein individuelles Ekel-Geräusch, soll er uns in einer freien Assoziation darüber Auskunft geben, welche Verknüpfungen er dazu findet, was er empfindet und an was ihn das Geräusch erinnert. Gegebenenfalls soll er danach zusätzlich zu den Geräuschen befragt werden, die keinerlei Reaktion bei ihm auslösen. Oft steht man jedoch ratlos davor. Diese Reflexionen, Erinnerungen, Assoziationen und Monologe sollen die Grundlage für ein Hörstück bilden. Eine erzählerische Reise in das Ohr unserer Mitmenschen, in ein Organ der Angst.